Wie sich eine kleine Gemeinde in Oberschwaben gegen Hackerangriffe wappnet
Cyberangriffe auf Kommunen nehmen seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine spürbar zu. Auch kleinere Gemeinden in Oberschwaben sehen sich zunehmend im Fadenkreuz professioneller Hackergruppen. Eine Kommune im Landkreis Ravensburg hat nun ihre digitale Infrastruktur grundlegend überarbeitet – und zeigt, wie sich selbst kleine Verwaltungen wirksam gegen Attacken aus dem Netz schützen können.
Alarmstimmung in den Rathäusern: Warum Kommunen zur Zielscheibe werden
Kommunalverwaltungen gelten in der Cybersicherheit seit Jahren als besonders verwundbar. Veraltete Systeme, knappe IT-Budgets und fehlendes Fachpersonal machen viele Rathäuser zu leichten Zielen. In Oberschwaben hat sich die Lage zuletzt verschärft: Sicherheitsbehörden warnen vor verstärkten Aktivitäten von Hackergruppen mit mutmaßlichen Verbindungen nach Russland, die gezielt öffentliche Einrichtungen attackieren.
Die betroffene Gemeinde im Raum Wolfegg reagierte frühzeitig auf diese Warnungen. Interne Prüfungen hatten gezeigt, dass zentrale Verwaltungsprozesse – von der Meldebehörde bis zur Finanzverwaltung – stark von einzelnen Servern und lokal betriebenen Anwendungen abhingen. Ein erfolgreicher Angriff hätte den kompletten Verwaltungsbetrieb lahmlegen können, inklusive Bürgerdienste, Zahlungsverkehr und interner Kommunikation.
Technische Aufrüstung: Vom Einzelserver zur abgesicherten Infrastruktur
Um diese Risiken zu reduzieren, wurde die IT-Architektur der Gemeinde grundlegend modernisiert. Statt einzelner, lokal betriebener Server setzt die Verwaltung nun auf eine stärker verteilte Infrastruktur mit klar getrennten Bereichen für sensible Daten, Fachverfahren und Bürokommunikation. Zugriffe aus dem Internet werden über gesicherte Gateways geführt, die verdächtige Aktivitäten automatisch erkennen und blockieren.
- Einführung mehrstufiger Firewalls und Filtermechanismen
- Segmentierung des internen Netzes zur Trennung kritischer Bereiche
- Regelmäßige Updates und zentral gesteuerte Sicherheitsrichtlinien
- Gesicherte Fernzugänge mit Mehr-Faktor-Authentifizierung
Besonderes Augenmerk lag auf der Absicherung von E-Mail-Systemen, da diese häufig als Einfallstor für Schadsoftware dienen. Die Gemeinde nutzt nun erweiterte Spam- und Phishing-Filter, die verdächtige Anhänge und Links automatisch aussondern. Gleichzeitig wurden Backup-Strategien überarbeitet: Wichtige Daten werden in kurzen Intervallen gesichert, an getrennten Orten vorgehalten und regelmäßig auf Wiederherstellbarkeit geprüft.
Organisatorische Maßnahmen: Sensibilisierung ist Teil der Verteidigung
Technik allein reicht nicht aus, um Cyberangriffe abzuwehren. Die Gemeinde in Oberschwaben hat deshalb parallel in organisatorische Maßnahmen investiert. Mitarbeitende wurden in mehreren Schulungsrunden für typische Angriffsmuster sensibilisiert – etwa gefälschte E-Mails mit vermeintlich dringenden Zahlungsaufforderungen oder fingierte Nachrichten von Vorgesetzten.
Ein zentrales Element ist ein klar definierter Notfallplan für den Fall eines erfolgreichen Angriffs. Dieser legt fest, wer im Krisenfall welche Entscheidungen trifft, wie interne und externe Kommunikation abläuft und welche Systeme priorisiert wiederhergestellt werden müssen. Zudem wurden Meldewege zu Landesbehörden und spezialisierten Sicherheitsstellen festgelegt, um im Ernstfall schnell Unterstützung anfordern zu können.
Die Verwaltung betont, dass diese organisatorische Vorbereitung nicht nur der IT-Abteilung vorbehalten ist. Alle Fachbereiche wurden einbezogen, um sicherzustellen, dass auch bei einem teilweisen Ausfall der IT zentrale Aufgaben der Daseinsvorsorge weitergeführt werden können – etwa im Bereich Standesamt, Bürgerbüro oder Kasse.
Kooperationen und externe Expertise: Kleine Kommune, großes Netzwerk
Weil kleinere Gemeinden nur selten über eigene spezialisierte IT-Sicherheitsabteilungen verfügen, setzt die Kommune auf Kooperationen. Externe Fachfirmen unterstützten bei der Risikoanalyse, bei der Auswahl geeigneter Sicherheitslösungen und bei Penetrationstests, mit denen Schwachstellen im System gezielt aufgespürt wurden.
Darüber hinaus orientiert sich die Gemeinde an Empfehlungen von Landes- und Bundesstellen, etwa dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik. Leitfäden zu Mindeststandards, Vorlagen für Notfallpläne und Hinweise zu aktuellen Bedrohungslagen flossen in das lokale Sicherheitskonzept ein. Auch der Austausch mit Nachbarkommunen spielt eine Rolle: Erfahrungen mit Angriffen, verdächtigen Mustern oder funktionierenden Schutzmaßnahmen werden regelmäßig geteilt.
Die Verantwortlichen vor Ort sehen die getroffenen Schritte nicht als einmaliges Projekt, sondern als laufenden Prozess. Cyberkriminelle passten ihre Methoden ständig an, heißt es aus dem Rathaus, deshalb müsse auch die Verteidigung kontinuierlich weiterentwickelt werden – technisch, organisatorisch und personell.
Signalwirkung für die Region: Was andere Gemeinden lernen können
Die umfassende Vorbereitung der kleinen oberschwäbischen Gemeinde hat Signalwirkung über die eigenen Grenzen hinaus. Sie zeigt, dass auch Kommunen mit begrenzten Ressourcen ein robustes Sicherheitsniveau erreichen können, wenn sie Risiken systematisch analysieren, externe Expertise einbinden und klare Prioritäten setzen.
Für andere Städte und Gemeinden in der Region lassen sich mehrere Lehren ableiten:
- Frühe Risikoanalyse und Bestandsaufnahme der eigenen IT-Landschaft
- Kombination aus technischer Aufrüstung und Schulung der Mitarbeitenden
- Verankerung von Notfall- und Wiederanlaufplänen in der Verwaltungsorganisation
- Kontinuierliche Anpassung an neue Bedrohungslagen und Angriffsmuster
Die zunehmende Zahl von Hackerangriffen auf öffentliche Einrichtungen macht deutlich, dass Cybersicherheit längst zur Kernaufgabe kommunaler Daseinsvorsorge geworden ist. Die oberschwäbische Gemeinde hat darauf reagiert – und zeigt, dass entschlossenes Handeln auch auf lokaler Ebene möglich ist.
Quellen und weiterführende Informationen
Weitere Hintergründe und aktuelle Einschätzungen zur Cybersicherheit in Kommunen bieten unter anderem folgende Portale:
- https://www.bsi.bund.de
- https://www.bmi.bund.de
- https://www.lfv-bw.de
- https://www.heise.de
- https://www.kritis.bund.de
Quelle: schwaebische.de

